Karlsbader Beschlüsse

Karlsbader Beschlüsse
I
Karlsbader Beschlüsse
 
Die Ermordung des Schriftstellers August von Kotzebue, der in seinem »Literarischen Wochenblatt« 1818/19 die liberale Studentenbewegung der Deutschen Burschenschaft verhöhnt hatte, durch den Burschenschaftler Karl Ludwig Sand am 23. März 1819 in Mannheim nahm Metternich zum Anlass, nun energische Maßnahmen zu ergreifen, um mit der ganzen Macht der Staaten gegen die seit langem mit Misstrauen beobachteten nationalen und liberalen Bestrebungen vorzugehen. Auf den von Metternich einberufenen Karlsbader Konferenzen vom 6. bis 31. August 1819, an denen neben Österreich und Preußen acht weitere deutsche Staaten teilnahmen, wurden Beschlüsse gefasst, die am 20. September 1819 von der Bundesversammlung einstimmig angenommen wurden.
 
Diese Beschlüsse enthielten das Verbot der Burschenschaft und die Einsetzung eines »außerordentlichen landesherrlichen Bevollmächtigten«, der an den Universitäten das Auftreten und Verhalten der Professoren und Studenten streng zu überwachen hatte. Alle Hochschullehrer, die »durch Missbrauch ihres rechtmäßigen Einflusses auf die Gemüter der Jugend, durch Verbreitung verderblicher, der öffentlichen Ordnung und Ruhe feindseliger oder die Grundlagen der bestehenden Staatseinrichtungen untergrabender Lehren ihre Unfähigkeit zur Verwaltung des ihnen anvertrauten wichtigen Amtes unverkennbar an den Tag gelegt haben«, sollten rigoros aus ihren Ämtern entfernt und auch in keinem anderen Bundesstaat wieder angestellt werden. Ferner wurde in den Karlsbader Beschlüssen eine staatliche Vorzensur für alle Zeitungen, Zeitschriften und sonstige Druckschriften »unter 20 Bogen im Druck« eingeführt. Eine außerordentliche Zentral-Untersuchungskommission des Bundes wurde mit Sitz in Mainz eingerichtet, die die »revolutionären Umtriebe und demagogischen Verbindungen« zu untersuchen und zu verfolgen hatte. Durch eine Exekutionsordnung wurde dem Bund das Recht zuerkannt, gegebenenfalls gegen einen Mitgliedsstaat des Bundes eine Bundesexekution durchzuführen, wenn in diesem Staat revolutionäre Entwicklungen von den regionalen Behörden nicht unterbunden werden konnten.
 
Die Karlsbader Beschlüsse führten bald, am stärksten in Preußen, zu den Demagogenverfolgungen.
 
II
Kạrlsbader Beschlüsse,
 
die auf den Karlsbader Konferenzen (6.-31. 8. 1819) anlässlich des Attentats (23. 3. 1819 auf A. von Kotzebue durch den Burschenschafter K. L. Sand beschlossenen Maßnahmen gegen »demagogische Umtriebe«. Die Karlsbader Beschlüsse, in der Hauptsache ausgearbeitet vom österreichischen Staatskanzler Metternich im Zusammengehen mit Preußen und acht weiteren »zuverlässigen« Staaten, wurden unter dem Druck Österreichs und Preußens am 20. 9. 1819 von der Bundesversammlung in Frankfurt am M. einstimmig angenommen. Sie waren, gültig bis 1848, die schärfsten Maßnahmen, die Metternich im Zuge der Demagogenverfolgung innerhalb des Deutschen Bundes gegen die nationale und liberale Bewegung durchsetzte. Die Karlsbader Beschlüsse gaben auch Handhabe zur Bundesexekution und zur Intervention im Fall des Aufruhrs in einzelnen Gliedstaaten.
 
 
E. Büssem: Die K. B. von 1819 (1974);
 E. R. Huber: Dt. Verfassungsgesch. seit 1789, Bd. 1 (21975, Nachdr. 1995).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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